8000 Elo im ersten Stock und Frauenpower am ersten Brett (OIBM 2025, 2. Runde)

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Rekordverdächtig stark sei die Frauenkonkurrenz in diesem Jahr, stand hier gestern. 24 Stunden später materialisierte sich ein Beleg für diese Einschätzung an den ersten beiden Brettern, die zu 50 Prozent weiblich besetzt waren. Liya Kurmangaliyeva und Jana Schneider schickten sich an, den GM Brandon Jacobson und Szymon Gumularz auf den Zahn zu fühlen.

Das hatte sich Turniermitfavorit Brandon Jacobson wahrscheinlich anders vorgestellt. Andererseits ist das Szenario bei der OIBM nicht neu: Zur zweiten Runde taucht am ersten Brett Liya Kurmangaliyeva auf und haut einen GM aus der 2600-Klasse weg. | Foto: Sandra Schmidt

Die Kasachin sorgte bei ihrer neuerlichen Teilnahme dafür, dass sich Geschichte wiederholt. Auch vor zwei Jahren tauchte sie in der zweiten Runde am ersten Brett auf. Mit Schwarz besiegte sie die nominelle Nummer eins des Turniers, Großmeister Maxime Lagarde, Elo 2626. Und das in einer ausgekämpften Partie, in der sie diejenige war, die sich großmeisterlich Vorteil erarbeitet und diesen verwertet. Seinerzeit erspielte sie sich bei der OIBM eine WGM- und IM-Norm.

Luis Engels feine Kombination aus der ersten Runde (siehe Bericht gestern) bescherte ihm den Schönheitspreis, überreicht von Turnierdirektor Sebastian Siebrecht (links). Rechts: Chefschiedsrichter Ralph Alt. | Foto: Sandra Schmidt

Die OIBM 2024 hat sie ausgelassen. Zwei Jahre später, als Teil einer großen kasachischen Delegation, saß sie zur zweiten Runde wieder am ersten Brett, und wieder saß ihr jemand aus der 2600-Abteilung des Schachs gegenüber, besagter GM Jacobson. Und wieder ergab sich eine ausgekämpfte Partie, in der sich die Kasachin ein wenig Druck erarbeitet hatte. Zu früh und überambitioniert suchte Jacobson Gegenspiel mit einem Bauernvorstoß, der sich als Bumerang entpuppte. Im Ergebnis ergab sich ein nicht triviales, aber gewonnenes Endspiel für die 20-Jährige: Mehrfigur gegen zwei Freibauern. Diesen technischen Part erledigte Kurmangaliyeva, ohne zu wackeln.

Jana Schneider war am zweiten Brett ein solches Erfolgserlebnis nicht vergönnt. Im Mittelspiel nahm sie zu couragiert einen geopferten Bauern, den Gumularz gerne gegeben hatte, um Linien gegen Schneiders Monarchen zu öffnen. Bald zeigte sich, dass die Kompensation stärker war als das Material.

Das Großmeistertrio aus dem Obergeschoss: (von links) Amin Tabatabaei, Christian Bauer, Leonardo Costa. | Foto: Sandra Schmidt

Wo Kurmangaliyeva und Schneider schon waren bzw. sind, wollen drei Turnierfavoriten erst noch ankommen. Nebeneinander im Obergeschoss in der Tenne („Loserkabuff“ im Turnierslang) saßen fast 8000 Elopunkte: Die erst zur zweiten Runde eingestiegenen Amin Tabatabaei und Christian Bauer sowie Leonardo Costa nach seinem Erstrundenremis bildeten das Großmeistertrio, das nominell ins Untergeschoss gehört. Tabatabaei und Costa erledigten den Job zügig, Bauer musste um die fünf Stunden kämpfen. Am Montag werden alle drei nicht Treppen erklimmen müssen, um ihr Brett zu erreichen.

OIBM-Stammgast Dieter Morawietz mit einem Kreuzfesselungsmotiv, nach dem auf weißer Seite das Licht ausgeht. 31.g3 verhindert zwar die unmittelbare Exekution, aber nach 31…Tf8 ist die weiße Stellung nicht mehr zu verteidigen.

Ein Drama der zweiten Runde schrieb IM Jules Armas, in der Szene bekannt nicht nur als Schachmeister. Der 70-Jährige hat den Schachcampingplatz La Rochade in Naujac betrieben. Am Tegernsee schachurlaubt Armas jetzt gemeinsam mit seiner aus Bremerhaven stammenden Gattin Rike Wohlers-Armas. Und er hätte beinahe den zweiten Favoritensturz der Runde verantwortet. Aber seine über weite Strecken stark vorgetragene Schwarzpartie gegen GM Paulius Pultinevicius mündete in ein Zeitnotgehacke, in dem der Franzose den Faden verlor.

Jules Armas (r,) mit Gattin Rieke Wohlers-Armas (2.v.r), seinem langjährigen Teamkollegen Sebastian Siebrecht und Eva Maria Zickelbein vom Hamburger SK. | Foto: privat

Alle Ergebnisse und Paarungen der dritten Runde