Christopher Noe steht jetzt bei 3/3. | Foto: Sandra Schmidt

Chris1996 – nie gehört? Dort, wo das Schach mehr Interesse erzeugt denn je, im Internet, ist “Chris1996” den Leuten eher ein Begriff als “Christopher Noe”, das gilt speziell für die Streaming-Plattform Twitch. Dort lässt sich gebürtige Sinsheimer auf seinem Kanal “chris1996” bevorzugt beim Bullet über die Schulter schauen.

An dieser Stelle ist gelegentlich die Rede von den Normhoffnungen der zahlreichen Nachwuchsspieler, die sich heuer am Tegernsee eingefunden haben. Dem Status “Nachwuchsspieler” ist der 25-Jährige mehr oder weniger entwachsen, über Normen muss trotzdem geredet werden, wenn die Sprache auf Christopher Noe kommt.

Mit einem veritablen, großmeisterlichen Elo von 2530 ist Noe der stärkste IM in deutschen Landen. Zum GM fehlt ihm noch eine Norm – warum nicht am Tegernsee? Nach drei Runde ist Noe mit 100-prozentiger Ausbeute auf Kurs.

Neuris Delgado Ramirez. | Foto: Alina l’Ami/FIDE

“Der pflügt durchs Turnier”, sagte Sebastian Siebrecht, nachdem Neuris Delgado Ramirez seine Partie gegen Günther Beikert siegreich beendet hatte. An anderen Tagen wäre es die schnellste Partie an den oberen Brettern gewesen, an diesem nicht, weil es Leon Mons ein paar Bretter weiter noch eiliger gehabt hatte.

Der einstige kubanische Nationalspieler Delgado Ramirez, der jetzt für Paraguay spielt, griff zu einer spanischen Variante im Philidor, um den Viernheimer Bundesligaspieler aufs Glatteis zu führen:

 

OIBM-Stammgast GM Leon Mons bei der 23. Auflage anno 2019. | Foto: Thomas Müller

Arno Zude ist ja nicht nur ein veritabler IM. Der Vorsitzende des SV Hofheim ist Großmeister im Lösen von Schachaufgaben, mehrfacher Deutscher Meister und sogar Weltmeister (1994).

In der dritten Runde am Tegernsee konnte Zude nicht ahnen, welche Eröffnungsprobleme auf ihn zukommen. 1.e4 spielt Leon Mons zwar in erster Linie, aber 1.e4 e5 2.f4 nur gelegentlich im Online-Blitz.

Tja. Und so nahm eine oder kürzesten Partien, an den Spitzenbrettern zumal, in der Geschichte der OIBM ihren Lauf. Nach sieben Zügen war alles vorbei:

 

Hat die kritischen Partien im Blick: Gregor Johann. | Foto: Thomas Müller

Diesen Eingriff des Schiedsrichters an seinem Brett wollte der Schachfreund nicht widerspruchslos hinnehmen. “Jetzt stellen Sie sich doch nicht so an”, erklärte der in diesem Beitrag namenlose OIBM-Teilnehmer dem Schiedsrichter Gregor Johann. Aber der hatte sich gar nicht angestellt, sondern nur das ausgeführt, was die Regeln dem Unparteiischen vorgeben.

Was war passiert? Ganz einfach: Unser Schachfreund hatte die Bedenkzeit überschritten. Den beiden Spielern war das noch nicht aufgefallen, Gregor Johann schon. Sobald an den Brettern die Zeitnot naht, hat er (wie jeder andere Schiedsrichter) die kritischen Partien im Blick, in denen einem der Beteilgten die Zeit ausgehen könnte. Dieses war eine solche Partie.

Auch wenn sich, wie in diesem Fall, Spieler darüber wundern mögen: “Der Schiedsrichter muss Zeitüberschreitung reklamieren”, erklärt Johann. Und darum ist bei herannahender Zeitnot eine Szene wie die oben abgebildete im Gut Kaltenbrunn die Regel: Gregor Johann und seine Schiedsrichterkollegen schwärmen aus, um sich zeitig einen Überblick zu verschaffen, wo eine Zeitüberschreitung droht.

“Bei Turnierpartien bekommt man es normalerweise hin, die kritischen Partien im Blick zu haben”, sagt Johann. “Beim Blitz ist das schon schwieriger.”

Zur heutigen dritten Runde stehen bei weitem nicht mehr alle Namensschilder, auf denen links unten “GM” vermerkt ist, an den allerersten Brettern, wo sich die Spieler mit weißer Weste versammeln. | Foto: Sandra Schmidt

37. Das ist die Zahl der Spieler, die nach zwei Runden der 24. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft mit einer weißen Weste dastehen. Gleichwohl hat schon der eine oder andere Favorit halbe Punkte lassen müssen. Nachdem in der ersten Runde Großmeister Dimitrios Mastrovasilis (Elo 2614) gegen Martin Böhm (Elo 2137) froh sein konnte, mit einem halben Punkt davonzukommen, ereilte dieses Schicksal nun Großmeister Sandipan Chanda (Elo 2543).

Stellung nach 37.De1.

Mit den weißen Steinen gegen den polnischen FM Michal Redzisz (Elo 2257) hatte Chanda zwar Druck, vermochte aber die hartnäckige Verteidigung des Schwarzen nicht zu durchbrechen. Dann, kurz vor der Zeitkontrolle, wendete sich das Blatt – beinahe.

Ob ein voller Punkt herausspränge, ist reichlich unklar, aber Schwarz hat mit seinem entfernten Freibauern Anlass, dem Weißen eine Reihe Probleme zu stellen und ihn leiden zu lassen. Stattdessen forcierte Redzsiz den Gang der Dinge: 37…a5?!.

Diesen Bauern nahm Chanda nur zu gerne weg, es folgte ein Springertausch auf e4, schließlich stand ein symmetrisches, beiderseits ungewinnbares Damenendspiel auf dem Brett. Redzisz, immerhin, hatte mit Schwarz einen ungefährdeten halben Punkt gegen einen der Turnierfavoriten eingeheimst – und bekommt zur Belohnung in der dritten Runde den nächsten Großmeister vorgesetzt: Gerald Hertneck (Elo 2492), dessen Weißaufschlag in der zweiten Runde gegen FM Damir Majer (Elo 2222) vollständig verpuffte: Remis nach 24 Zügen.

Ob auch Sandipan Chanda sein Drittrundenlos als Belohnung empfindet? Ihm steht eine Auseinandersetzung mit einem Vertreter der großen Gruppe der deutschen Normjäger bevor: FM Marius Deuer, 13 Jahre jung, hat Ende 2020 beim Open in Krakau schon Erfahrungen im Großmeisterbesiegen gesammelt.

Stellung nach 89…Tg6.

FM Andreas Ciolek vom SC Unterhaching setzte in der zweiten Runde alles daran, der Gruppe der GM bei 1,5/2 den Namen Ori Kobo hinzuzufügen. Gegen den Israeli (Elo 2498) wehrte sich Ciolek Stunde um Stunde. Nach 90 Zügen hätte er sich hier belohnen können: 90.Kf3! ist laut Schachfreund Computer der einzige Zug, der den weißen auf Remiskurs hält. Nach 90.Tb8? Th6 91.Kg2 h3+ 92.Kh2 Kg6 verabschiedete sich bald der weiße Bauer f4, und nach 111 Zügen beendeten die beiden Schachfreunde ihre Nachtschicht mit einen hart erkämpften Schwarzsieg.

Mit Dimitrios Mastrovasilis, Sandipan Chanda und Gerald Hertneck sind drei der Großmeister genannt, die schon einen halben Punkt gelassen haben. Dazu kommen Michael Hoffmann (Elo 2441) sowie Oscar De la Riva Aguado (Elo 2466), einziger Großmeister im Fürstentum Andorra, den es schon in der ersten Runde gegen Ralf Grüttner (Elo 2112) vom SK Freising erwischt hatte.

De La Riva Aguado hat allerdings eine gute Ausrede: Er muss ja neben seinen eigenen Partien dem andorranischen Nachwuchs über die Schultern schauen. Mit einer ganzen Delegation andorranischer Talente ist er an den Tegernsee gereist, damit die Junioren sich hier im internationalen Wettkampf stählen – auf dass Oscar De la Riva Aguado nicht auf ewig der einzige große Meister im kleinen Staat zwischen Spanien und Frankreich bleibt.

Großmeister Leon Mons steht bei 2/2. Er bekommt es in der dritten Runde mit IM Arno Zuge zu tun. | Foto: Sandra Schmidt

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Ergebnisse/Paarungen

Reicht “Partie der Routiniers”? Oder sollten wir besser von einer Begegnung der Legenden sprechen, die sich in der ersten Runde am zwölften Brett abspielte?

Peter Krauseneck vs. Gerald Hertneck. | Foto: Sandra Schmidt

In der weißen Ecke: Prof. Dr. Peter Krauseneck, Vorsitzender des traditionsreichen SC Bamberg, zweifacher deutscher Ärztemeister.

In der schwarzen Ecke: Gerald Hertneck, Großmeister, einstiger Top-50-Spieler, Leistungssportrefent des DSB und der OIBM traditionell eng verbunden.

Gegen Krausenecks 1.e4 wählte Hertneck seinen geliebten Franzosen, und dann beteten sie Theorie herunter und wollten gar nicht damit aufhören. Im 14. Zug verbesserte (?) Hertneck gar eine eigene Partie von vor 31 Jahren.

Romain Edouard (rechts) gerät unter die Räder, sein Nebenmann Zbynek Hracek sieht es mit Missfallen. | Foto: Johannes Winkler

Eine Szene vom großen Bundesligafinale unlängst in Berlin, Werder Bremen gegen BCA Augsburg: Warum Bremens Großmeister Zbynek Hracek so besorgt aufs Brett seines Großmeisterkollegen Romain Edouard blickt? Weil dem 2640 Elo schweren Franzosen in Diensten der Hansestädter gerade sein Sizilianer um die Ohren fliegt – und wie!

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Verantwortlich für diese sizilianische Hinrichtung war Nikola Nestorovic, ein etwa 200 Elopunkte leichterer Großmeister aus Serbien.

Nach dem Einsatz für seine Augsburger in der Bundesliga hat sich Nestorovic nur eine kurze Schachpause gegönnt. Gleich danach standen auf seinem Terminkalender die 24. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaften, wo sich Turnierdirektor Sebastian Siebrecht freut, den kampfeslustigen Serben am Brett zu sehen. Abseits des Brettes sei Nestorovic ein selten umgänglicher Zeitgenosse, berichtet Siebrecht. Die Dauer seiner Verhandlungen, um den 32-Jährigen zu verpflichten, taxiert Siebrecht auf fünf Minuten. “Er hat sofort zugesagt.”

Jetzt offenbart sich am Tegernsee, dass das, was neulich beim Bundesligafinale wie ein isolierter Fall aussah, womöglich System hat. Gleich in der ersten Runde gelang Nestorovic ein weiterer sizilianischer Paukenschlag:

Nikola Nestorovic spielt übrigens nicht nur großmeisterlich Schach, als FIDE-Trainer ist “GM Nestor” auch Experte darin, es zu lehren. Mehr darüber auf Nestorovics Website.

Die Kämpfe haben begonnen. | Foto: Sandra Schmidt

Ein Open, dessen erste Runde pünktlich beginnt? Das ist schon unter normalen Umständen eher die Ausnahme als die Regel. Aber zum Auftakt der OIBM am Tegernsee hielt (mehr oder weniger) der Zeitplan. Turnierdirektor Sebastian Siebrecht war zufrieden: „Super gelaufen.“

Kalt? Nö, wieso? | Foto: Sandra Schmidt

Unter den Teilnehmern hat Siebrecht in erster Linie Dankbarkeit registriert, dass das OIBM-Team unter dem Dach der Tegernseer Tal Tourismus das Turnier möglich gemacht hat, wenngleich unter einer strikten Hygieneregiment. „Alle haben sich an die Regeln gehalten, alle sind respektvoll miteinander umgegangen.“

Und so richtete sich der Blick der Verantwortlichen sehr bald auf die Bretter, die uns die Welt bedeuten. Auf denen entbrannte gleich zu Beginn mancher knappe Kampf, selbst die großmeisterlichen Favoriten an den ersten Brettern mussten hart arbeiten. Sie hatten ja auch starke Gegner zugelost bekommen.

Zum Beispiel 2635-Großmeister Jaime Santos Latasa am ersten Brett sei genannt. Auf ihn wartete zum Auftakt ein Großmeisterbesieger. Tino Kornitzky vom FC Bayern hatte im Frühjahr für Aufsehen gesorgt, als er in der DSOL den deutschen Nationalspieler Matthias Blübaum besiegte. Nun am Tegernsee machte er der spanischen Nummer vier das Leben schwer. Allerdings setzte sich tief im Endspiel nach mehr als 60 Zügen doch der Favorit durch.

Das war am zweiten Brett nicht der Fall. „Martin Böhm knöpfte Großmeister Dimitrios Mastrovasilis (Elo 2614) einen halben Punkt ab“ wäre eine unzutreffende Beschreibung des Geschehens. Am Ende konnte der Großmeister froh sein, dass sein friedlich gesonnener Böblinger Gegenspieler in einem unverlierbaren, aber durchaus zu gewinnenden Endspiel der Punkteteilung zustimmte.

Delgado-Köhler nach 42…Te2?: Sieht aus wie ein aktiver, natürlicher Zug, verliert leider die Partie. Nach 43.Tc1!+- droht kräftig Tc6, und der weiße Turm dringt entscheidend ins schwarze Lager ein.

Schön warmgespielt und voller Selbstvertrauen setzte sich GM Neuris Delgado Ramirez ans dritte Brett. Der 2596-Großmeister aus Paraguay hatte direkt zuvor ein GM-Turnier in Spanien mit 7,5/9 (!) gewonnen und seinen Elo wieder über 2600 geliftet.

Lukas Köhler aus Bamberg war davon herzlich wenig beeindruckt. Der Youngster lieferte dem Großmeister einen beherzten Kampf. Am Ende bedurfte eines natürlich aussehenden Zugs, der sich als taktischer Patzer entpuppte (siehe Diagramm rechts), um die Partie zugunsten des Favoriten zu wenden.

Und so ging es, von der einen oder anderen Eröffnungskatastrophe abgesehen, Brett für Brett weiter. Das beschleunigte Schweizer System hat dafür gesorgt, dass zu Beginn die nominell obere Hälfte der Teilnehmer unter sich bleibt, was wiederum dazu führte, dass sich die (groß)meisterlichen Schachfreunde an den ersten Brettern gleich zu Beginn hartnäckigen Widerstands erwehren mussten.

So darf es weitergehen.

IM Dieter Morawietz. | Foto: Sandra Schmidt

Dieter Morawietz ist Stammgast bei den OIBM. 2019 war er Tag für Tag vor der Partie kraxelnd auf den Anhöhen rund um den See anzutreffen. 2018 hatte er Pech, da erlitt der Kölner bei einem Sturz einen Armbruch. Drücken wir die Daumen, dass ihm ein solches Unheil auch in diesem Jahr erspart bleibt.

Einen Bruch anderer Art, Schiffbruch nämlich, erlitt in der ersten Runde Morawietz’ Gegner Yannick Koch – der sich mit der erlittenen damenindischen Katastrophe in bester Gesellschaft befindet. Schon reihenweise sind Schachmeister auf das hereingefallen, was auch ihm zum OIBM-Auftakt widerfahren sollte.

Jetzt geht’s los. Am heutigen Samstag beginnt die 24. Auflage der Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft. Im Interview schauen wir mit Turnierdirektor Sebastian Siebrecht aufs internationale Teilnehmerfeld, wir sprechen über Normchancen, Hygienbestimmungen, die Überschneidung mit dem Grand Swiss – und über Schach im Fürstentum Andorra.

Turnierdirektor Sebastian Siebrecht wird dieses Jahr nicht Gata Kamsky über die Schulter schauen. Der war zwar geneigt, wieder an den Tegernsee zu kommen, musste aber kurzfristig absagen. | Foto: Thomas Müller

Sebastian, hast du um die 24. Auflage der OIBM anno 2021 bangen müssen, oder war immer klar, dass sie stattfindet?

Wir sind wie jedes Jahr im März in die Planung eingestiegen. Seitdem war klar, dass wir es durchziehen – aber in kleinerem Rahmen unter strengen Hygienebestimmungen: 350 Teilnehmer statt 550, große Abstände. Jetzt ist alles aufgebaut, 36 Live-Bretter, es sieht sehr schön aus bei uns, fast noch schöner als sonst, weil es großzügiger ist. Leider fällt der Gastro- und Analysebereich den neuen Spielbedingungen zum Opfer. Aber den haben wir jetzt nach draußen verlagert.

Stichwort Hygienebestimmungen.

Es gilt 3G, das wird kontrolliert. Wir haben eine Teststation eingerichtet. Wer sich testen lassen will, kann das direkt bei uns machen. Generell ist die Situation weiterhin im Fluss. Ministerpräsident Markus Söder hat zum Beispiel jetzt verordnet, dass ab Montag FFP2-Masken getragen werden müssen. Das gilt jetzt auch bei uns. Auf solche aktuellen Dinge müssen wir reagieren. Aber das sind Kleinigkeiten, wir bekommen das hin.

Das Feld sieht jetzt an der Spitze etwas anders aus, als du dir das ursprünglich vorgestellt hattest.

Eigentlich hatte ich Zusagen von der kompletten nationalen Spitze: Alexander Donchenko, Vincent Keymer, Matthias Blübaum. Dazu internationale Stars, Pavel Eljanov zum Beispiel. Oder US-Newcomer Hans Niemann. Oder World-Cup-Sensation Velimir Ivic. Diese Spieler haben leider nach und nach abgesagt, in erster Linie wegen des parallel laufenden Grand Swiss. Dazu kommt der Ligabetrieb in verschiedenen Ländern. Das Schach am Brett geht wieder los, und wegen der langen Pause zuvor ballt es sich jetzt.

War nicht klar, dass sich die OIBM mit dem Grand Swiss überschneiden?

Dem Datum nach schon, aber ich hatte früh gehört, dass die jetzt nach Riga verlegten Grand Swiss‘ auf der Isle of Man nicht stattfinden können. Deswegen hatte ich vorsorglich diese tollen Jungs verpflichtet. Aber ich habe ihnen von Beginn an gesagt, dass ich ihnen keine Steine in den Weg legen werde, sollte sich ihnen doch noch eine große internationale Gelegenheit offenbaren – wie eben das Grand Swiss, das nun doch an einem anderen Ort stattfindet. Auch wenn es am Tegernsee viel schöner ist als anderswo: Dass ambitionierte Leute lieber dort spielen, wo es um Tickets fürs Kandidatenturnier geht, verstehe ich natürlich. Ich bin schon gespannt auf nächstes Jahr. Da werden die Top-Stars der Szene wahrscheinlich um die Startplätze bei der OIBM Schlange stehen. Dass die OIBM in der Szene einen exzellenten Ruf haben und ein beliebtes Turnier sind, gilt weiterhin.

Eine Reihe interessanter Namen findet sich trotzdem im Feld. DSB-Leistungssportreferent Gerry Hertneck wird nun am Tegernsee nicht auf seine Nationalspieler treffen, aber so eine Institution wieder am Brett zu sehen, ist ja trotzdem etwas Besonderes.

Gerry hat sich von sich aus angemeldet, da musste ich gar nicht nachhelfen. Er wollte wieder ans Brett. Das freut mich sehr. Allerdings war er recht spät dran, es war schon knapp, ihn überhaupt noch ins Feld einzubauen. Gerry hat einen der letzten Startplätze bekommen.

Außerdem ist das Feld international: Brasilien, Israel, Indien – Exoten.

Der gute Ruf des Turniers, dazu mein gewachsenes Netzwerk, das hilft. Etwas weiblicher würde ich mir das Feld wünschen, aber auch da gilt: Die Top-Frauen spielen jetzt Grand Swiss. Prinzipiell lade ich gezielt spannende Leute mit kämpferischem Stil ein. Oder Leute mit guter Attitüde, am liebsten natürlich beides. Nehmen wir Jaime Santos Latasa. Der hatte sich vor einiger Zeit ohne Konditionen einfach so angemeldet. Diese Einstellung honoriere ich jetzt. Oder Chanda Sandipan, ein ähnlicher Fall. Der wollte sich anmelden, ich musste ihm sagen, sorry, keine Konditionen mehr. Er hat sich dann trotzdem angemeldet. Nun, da viele abgesagt haben, habe ich ihm doch ein bisschen was anbieten können. Auch auf die Gruppe aus Andorra freue ich mich. Oscar De la Riva Aguado, einziger GM aus Andorra, kommt mit seiner Tochter und den drei stärksten andorranischen Jugendspielern. Die wollen bei uns internationale Turnierluft schnuppern.

Garant für Kampfschach und Tohuwabohu auf dem Brett: Wird Ashot Parvanyan mit einer GM-Norm im Gepäck vom Tegernsee zurück in seine norddeutsche Heimat reisen? | Foto: Deutscher Schachbund

Das wollen die vielen jungen deutschen Spitzenspieler wahrscheinlich auch.

Für die sehe ich gute Normchancen. Ashot Parvanyan wird eine GM-Norm anpeilen, der Deutsche Meister Jonas Rosner auch. Dazu der Deutsche U18-Meister Nils Richter oder Alex Suvorov, Dritter in der U18. Solche Spieler werden versuchen, Normkurs zu setzen.

Auch die ganz jungen?

Bestimmt! Leonardo Costa, Deutscher U14-Meister, hat ja schon eine IM-Norm. Marius Deuer ist auch ein Kandidat. Wir haben sozusagen die erste Garde aus den jungen Jahrgängen komplett am Tegernsee versammelt. Ich bin gespannt, was die Jungs reißen.