Im deutschen Schach hat sie fast alles gesehen – außer dem Tegernsee. Josefine Heinemann (24) plant schon seit Jahren, an der Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft teilzunehmen, aber es kam immer etwas dazwischen. Jetzt, zur Jubiläumsauflage, hat es endlich geklappt.
Ein Interview mit der National- und Kaderspielerin:
Josefine, die 25. OIBM ist deine erste.
Ja, tatsächlich. Ich will schon seit Jahren hier spielen, es ist schließlich ein sehr starkes Turnier, und so viele gibt es davon nicht. Aber während der Jugendzeit hat es sich oft mit Europa- oder Weltmeisterschaften überschnitten. Oder es passte nicht mit den Schulferien zusammen. Dann kam Corona, deswegen hat es vor zwei Jahren nicht geklappt. Jetzt bin ich endlich hier.
Nicht um Urlaub zu machen, nehme ich an.
Ich bin in erster Linie wegen des sportlichen Wettbewerbs hier. Dass es am Tegernsee sehr schön ist, gefällt mir natürlich, aber das ist nicht mein Hauptantrieb. Morgens ausgiebige Wanderungen zu unternehmen, passt nicht in mein Konzept. Ich bin wegen des Schachs hier.
Dein Eindruck bislang?
Toll organisiert, prima Spielsaal. Was mir besonders gefällt, sind die Busse. Extra-Busse für Schachspieler, an die Rundenzeiten angepasst! Das gibt es nicht oft.
Erzähl mir deine Schachgeschichte.
Mit 7 Jahren habe ich in der Schulschach-AG angefangen. Bei den Mädchen war ich auf Landesebene in Sachsen-Anhalt recht schnell vorne dabei, allerdings war die Konkurrenz auch nicht so stark. So kam es, dass ich mich von Beginn an für die Deutschen Meisterschaften qualifiziert habe. Dort war ich allerdings anfangs nicht besonders erfolgreich.
Und dann?
Verschoben sich die Prioritäten, Schach wurde die klare Nummer eins. Früher habe ich noch Leichtathletik gemacht, auch da war ich recht gut. Aber mit 12, 13 habe ich angefangen, Schach richtig zu trainieren, und habe dann erst gemerkt, wieviel Freude mir das Spiel bereitet. In dem Maße, wie ich an meinem Schach gearbeitet habe, wurden auch im nationalen Vergleich die Ergebnisse besser. In der U16 und in der U18 bin ich Deutsche Meisterin geworden. Meine Beziehung zum Schach ist damals immer intensiver geworden, und das ist bis heute so geblieben.
Du bist Profi.
Ich liebe Schach, ich beschäftige mich gerne den ganzen Tag damit, also liegt es nahe, dass ich mein Geld damit verdiene. Alleine vom Spielen zu leben, würde allerdings nicht reichen. Deswegen gebe ich noch Training und streame ein wenig. Außerdem arbeite ich gerade an meinem ersten Chessable-Kurs: ein 1.e4 e5-Repertoire für Schwarz, das wahrscheinlich Ende des Jahres erscheinen wird.
Deine Ambitionen als Spielerin? Vor etwa einem Jahr warst du die klare deutsche Nummer zwei hinter Elisabeth.
Die Nummer zwei war jede von uns schon einmal (lacht). Mit diesem Jahr bin ich bislang gar nicht zufrieden. Katastrophal war es zwar nicht, aber überragend erst recht nicht. Natürlich soll es spielerisch weitergehen. Ich hoffe, dass ich die 2400 noch erreiche.
Was steht als nächstes auf dem Turnierplan?
Im Dezember spiele ich in Sitges, mehr steht noch nicht fest. Vielleicht die Blitz- und Schnellschach-WM, vielleicht Anfang 2023 noch ein Turnier vor der Frauen-EM im März.
Erstmal die OIBM. Wie ist dein Ablauf hier?
Abends schaue ich auf die Auslosung und verschaffe mir eine grobe Idee von dem, was mein Gegner spielt. Das beruhigt mich vor dem Schlafengehen. Morgens nach dem Frühstück beginnt dann die eigentliche Vorbereitung. Die kann eine Stunde dauern, manchmal auch drei, je nachdem. Vor der Partie versuche ich, mich nochmal hinzulegen…
…läufst du damit nicht Gefahr, verschlafen ans Brett zu kommen?
Der Trick ist: nicht zu lange schlafen! Eine Stunde wäre schlecht. 20, 30 Minuten sind okay.