Dmitrij Kollars alleine vorn (OIBM, 6. Runde)
Nach sechs Runden haben die 27. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaften zum ersten Mal einen alleinigen Tabellenführer. Dmitrij Kollars gewann seine Sechstrundenpartie gegen den polnischen Großmeister Bartlomiej Heberla. Mit 5,5 Punkten (Performance 2763!) steht der Nationalspieler auf dem ersten Platz, gefolgt von 16 Spielern mit einem halben Punkt weniger.
Die beiden Großmeister am ersten Brett lieferten sich im Giuoco Pianissimo eine strategisch geprägte Auseinandersetzung, in der anfangs der Pole gut in die Partie kam, sogar kurz davorstand, das Kommando zu übernehmen. Aber dann war es doch Kollars, dem es dank eines Bauernopfers gelang, ein wenig Druck aufzubauen – was allein nicht entscheidend gewesen wäre.
Neben der Stellung war die Zeit ein Faktor. Kurz vor der Zeitkontrolle mit drei Minuten auf der Uhr gelang es Heberla nicht, den einzigen Zug zu finden, der alle Drohungen pariert und das Geschehen in der Waage hält. Stattdessen gab er sich eine taktische Blöße, die Kollars sogleich ausnutzte. Er bekam den geopferten Bauern zurück, einen zweiten noch dazu, und plötzlich stand ein für Schwarz unhaltbares Endspiel auf dem Brett.
„Safety first“ galt in drei der vier anderen Spitzenpartien, in denen die Spieler mit 4,5 Punkten aufeinandertrafen. Trotz beiderseitiger solider Spielanlage kämpften mit den weißen Steinen Titas Stremavacius (gegen Kacper Piorun) und Rinat Jumabayev (gegen Jacek Stopa), bis das Brett leergefegt und die Punkteteilung unvermeidlich war. Nur Elham Amar und Eltaj Safarli reichten einander schon nach 20 Zügen die Hände.
Wahrscheinlich wäre auch Marius Deuer am fünften Brett etwas mehr Sicherheit recht gewesen. Stattdessen musste der 16-Jährige mit den weißen Steinen gegen Roven Vogel sehr bald aufpassen, dass ihm sein Katalane nicht um die Ohren fliegt. Umso bemerkenswerter, wie souverän Deuer trotz eines zwischenzeitlichen Minusbauern diese für ihn kritische Partie abmoderierte. Nach 26 Zügen im Angesicht einer kommenden Remisabwicklung offerierte Vogel die Punkteteilung. Auch Vogel und Deuer sind nun Teil der 16-köpfigen Verfolgergruppe, die Kollars mit einem halben Punkt Abstand im Nacken sitzt.
Vor dem letzten Turnierdrittel wird es langsam Zeit, über Normen nachzudenken. In Sachen GM-Norm hat Leonardo Costa sich mit einem Sechstrundensieg ebenfalls in die Verfolgergruppe mit 5 Punkten gespielt. Costa und Deuer sind auf Kurs – und nicht nur diese beiden. Turnierdirektor Sebastian Siebrecht sieht zufrieden, dass eine ganze Reihe junger Leute nicht nur aus deutschen Nachbarlanden sich Normperspektiven erarbeitet hat.
Der 15-jährige Schweizer FM Teimur Toktomushev etwa hat die Zweitrundenniederlage gegen seine Landsfrau Sarah Hund weggesteckt, steht ebenfalls bei 5/6 und darf noch von einer IM-Norm träumen. Allerdings werden mit jedem vollem Punkt die Gegner schwieriger. Nach seinem Sechstrundensieg über IM Axel Heinz vom SV Oberursel wartet nun GM Bartlomiej Heberla, der nach der Null gegen Kollars seinerseits gewinnen muss, um oben dranzubleiben.
Armenien, Österreich, England, Ukraine, Singapur: Die Internationalität der Offenen Bayerischen Meisterschaften lässt sich an den Nationalitäten der Jugendlichen in der Gruppe der 32 mit 4,5 Punkten ablesen. Sogar in der Gruppe der 58 mit 4 Punkten findet sich die bzw. der eine oder andere mit Perspektive vielleicht sogar auf eine Norm, gewiss auf einen Sonderpreis für die Alters- bzw. Ratinggruppe.
Zwei Spieler kämpfen derweil um einen internen Familienpreis, ein Kampf, in dem die sechste Runde eine Wende brachte. Mariusz Sajka (Elo 2243) vom SC Garching, in Jugendjahren selbst einer der Besten im Lande, war im vergangenen Jahr nur als Zuschauer bei der OIBM, um zu verfolgen, wie sich sein Sohn Noah Sajka (Eo 1795) schlägt. Diesmal wollte der Papa selbst spielen – und stellte fünf Runden lang fest, dass er mit seinem Junior kaum noch mithalten kann. In der sechsten Runde hat Mariusz Sajka erstmals die Führung im Familienduell übernommen. Mit 4,5 Punkten und einer 2197-Performance liegt er vor Noah Sajka (4/2171).
Momente der sechsten Runde: