Mitspielen in der Luis-Engel-Klasse (OIBM, 3. Runde)

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Traditionell ist die vierte Runde der OIBM diejenige, in der es zu den ersten Duellen Großmeister gegen Großmeister kommt. Das wird auch 2025 so sein. In der dritten Runde gab es einen Vorgeschmack: GM gegen WGM, namentlich Luis Engel gegen Zsoka Gaal. Die 18-jährige Ungarin bringt einen beeindruckenden schachlichen Lebenslauf mit nach Bayern. Unter anderem war sie U14-Weltmeisterin und U10-Europameisterin. Gegen jemanden aus der Luis-Engel-Klasse ist sie zwar eher Außenseiterin, aber muss sich nicht verstecken.

Diese Stellung mit Schwarz gegen Luis Engel zu überleben, ist aller Ehren wert. Den Bauern auf e5 einzuheimsen (besser den auf c5), war viel zu optimistisch. Gleich wird die lange Diagonale aufgehen, das schwarze Zentrum angehebelt, und die weiße Aktivität wird kaum zu beherrschen sein.

Ihre Klasse lässt sich daran ablesen, dass sie obige Stellung nach 13 Zügen nicht verloren hat. Objektiv bzw. aus Maschinensicht mag es zwischenzeitlich platt gewesen sein, aber Gaal schaffte es, Engel immer neue Probleme zu stellen und schließlich eine messerscharfe Konstellation mit beiderseits laufenden Freibauern zu erreichen. Die war laut Schachfreund Maschine immer noch verloren, aber bei beiderseits knapper Zeit fand der Hamburger keinen Gewinn, und am Ende stand ein blutleeres Endspiel auf dem Brett mit 3 versus 3 Bauern an einem Flügel und ungleichfarbigen Läufern – remis.

Remis! | Foto: Sandra Schmidt

Ins Fernsehen kommt Gaal für ihren Rettungskampf nicht, was mit dem Umstand zusammenhängt, dass am Montag nicht der ungarische, sondern der Bayerische Rundfunk vorbeischaute. Und der hatte es leicht, einen geeigneten Protagonisten aus dem gut 540-köpfigen Feld zu picken. Leonardo Costa, 17 Jahre jung, Großmeister, Münchner und in den Jugend-Jahrgängen die größte Hoffnung der deutschen Schachs – die unlängst einen Meilenstein erreicht hat: Großmeistertitel vor dem Abitur.

Leonardo Costa im Nationaldress wird vom Bayerischen Rundfunk interviewt. | Foto: Sebastian Siebrecht

Welchen Weg der Hochbegabte einschlägt, ist gleichwohl noch nicht klar. Schach ist die offensichtliche Option, aber nicht die einzige. „Etwas mit Elektronik“ wolle er womöglich machen, hat Leonardo unlängst im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung offenbart. Vielleicht erfahren wir am Dienstag um 18.50 Uhr in „Bayern Aktuell“ mehr. Moment – 18.50 Uhr? Da läuft doch die vierte Runde? Ja, aber die Sendung, in der auch Turnierdirektor Sebastian Siebrecht vorkommt, wird nach der Ausstrahlung in der Mediathek verfügbar sein. Insofern kein Anlass für frühzeitige Remisschlüsse, um rechtzeitig zu Costa-TV vor dem Fernseher zu sitzen.

Das Cover von „Chess Life“, Novemberausgabe.

Nicht nur der ungarische Rundfunk war nicht da, die US-Schachpresse auch nicht. Die hatte nämlich ihren Schachbericht schon vor dem Anpfiff am Tegernsee im Kasten. Brewington Hardaway ziert das Titelbild von „Chess Life“. Geboren am 22. April 2009 in der Bronx, New York, ist Hardaway eines der größten US-amerikanischen Talente. Schon Ende 2024 erfüllte er alle Voraussetzung für den GM-Titel, den ihm die FIDE dieses Jahr verlieh. Sein Aufstieg gilt auch als historisch, weil Hardaway der erste in den USA geborene afro-amerikanische Großmeister ist.

Masterclass mit Christian Bauer im Zelt. | Foto: Sebastian Siebrecht

Während er in den USA auf Titelbildern prangt, sitzt Hardaway in Bavaria im Gut Kaltenbrunn und macht das, was er am besten kann. Während eine ganze Reihe von Mitfavoriten schon halbe oder ganze Punkte gelassen haben, marschiert der 16-Jährige mit makelloser Bilanz voran. Am Montag gewann er mit den schwarzen Steinen überzeugend eine technische, stark geführte Partie gegen Timo Küppers.

Dreharbeiten im Turniersaal. | Foto: Sandra Schmidt

Der jüngste Spieler in der immer noch stattlichen Schar der 100-Prozentigen ist er damit nicht. Noch zwei Jahre jünger als Hardaway ist der türkische IM Atilla Kuru, der ebenfalls bei 3/3 steht. Kuru bereitete in der dritten Runde der Kasachin Liya Kurmangaliyeva einen Rückschlag, nachdem die in der zweiten Runde am ersten Brett gepunktet hatte.

19.Ta7 hätte Schwarz besser nicht zugelassen. Wie auch immer sie sich jetzt dreht und wendet, es geht Material über Bord. Nach 19…Db6 (Partie) folgt 20.Ta3 nebst der Gabel Sd7.

Müssen wir es erwähnen? Natürlich ist ein Youngster wie Kuru bei weitem nicht der jüngste Spieler im Turnier. Dafür ist er viel zu alt. Der jüngste Teilnehmer dieses Jahr ist der 6-jährige Daniel Kovacs, der wie sein älterer Bruder David für den SC Vaterstetten-Grasbrunn spielt. Bestimmt wird Daniel demnächst beim Vaterstettener Vereinsabend eine Gewinnpartie vom Tegernsee vorführen können. Allerdings muss er sie erst noch spielen. Die ersten drei Runden waren Aufbautraining, für das, was kommt.

Daniel Kovacs (6), jüngster der gut 540 Teilnehmer. | Foto: Sebastian Siebrecht