Aktuelle Infos und Beiträge zur OIBM

9 Punkte aus 10 Partien! Bei der Schacholympiade im vergangenen Jahr war Jana Schneider kaum zu stoppen. Jetzt steht für die Nationalmannschaft der Frauen um Jana Schneider der nächste große Wettbewerb an, die Europameisterschaft. Ihre Vorbereitung absolviert die Psychologiestudentin am Tegernsee bei der OIBM.

Jana Schneider. | Foto: Sandra Schmidt

Vor der siebten Runde nahm sich Tegernsee-Stammgast Jana Schneider die Zeit für ein kurzes Gespräch über das laufende Turnier und kommende Aufgaben:

Jana, du bist Stammgast am Tegernsee. Wie kommt das? Was macht die OIBM für dich aus?  

Tatsächlich ist die OIBM mittlerweile eine Art Traditionsturnier für mich. Ich bin jedes Jahr hier. Begonnen hat diese Tradition vor vielen Jahren, als die bayerische Mädchenmeisterschaft am Tegernsee stattfand. Hier hat es unserer Familie immer gefallen. Ich habe Schach gespielt, die anderen Urlaub gemacht. So habe ich irgendwann angefangen, am Open teilzunehmen, und dabei ist es geblieben.  

Du hast am Vorabend dieses Gesprächs eine Partie verloren. Darf ich trotzdem fragen, wie es läuft?  

Die Niederlage hat mich geärgert, aber jetzt ist es wieder okay, ich habe eine Nacht darüber geschlafen. Das Turnier ist mir auch wichtig als Vorbereitung für die Team-Europameisterschaft, zu der ich hinterher fliege. Eine Norm kann ich nach der Niederlage gestern zwar nicht mehr schaffen, aber ich würde hier gerne mit einem guten Gefühl raus- und ins nächste Turnier reingehen. Insofern möchte ich schon noch ein paar Partien gewinnen.  

Ist ein Turnier direkt vor der Europameisterschaft wirklich gute Vorbereitung? Man könnte auch argumentieren, dass du die Zeit für theoretische Arbeit und Training nutzen könntest.  

Eine knappe Woche Pause bis zur EM habe ich ja. Unser Bundestrainer Yuri Yakovich hat mir empfohlen, vor der EM auf jeden Fall ein Turnier zu spielen, damit ich warmgespielt bin. Meine Eröffnungen sitzen besser, wenn ich hier vor der EM gezeigt bekomme, was ich alles falsch mache (lacht). Aber tatsächlich spiele ich hier ein bisschen ressourcenschonend.  

Um dann bei der EM mit einer jungen, ambitionierten Mannschaft zu glänzen? Ihr seid an drei gesetzt. 

Wir sind ambitioniert. Im Verlauf der vergangenen Jahre haben wir uns kontinuierlich gesteigert, zumindest fühlt es sich für mich so an. Dieses sollte die stärkste Mannschaft sein, mit der wir seit langem bei einer Europameisterschaft angetreten sind. Wir werden auf jeden Fall versuchen, die Medaillenplätze anzugreifen. 

Jana Schneider bei der Schacholympaide 2022 in Chennai/Indien.

Im Dezember steht dann schon das “Masters” an, das Turnier der besten deutschen Spielerinnen, dieses Jahr in Bayern, quasi ein Heimspiel für dich. Nachdem ihr kurz zuvor Seite an Seite gemeinsam um EM-Medaillen gekämpft habt, werdet ihr einander als Gegnerinnen gegenübersitzen.  

Gegeneinander statt miteinander, das fühlt sich immer etwas komisch an. Aber zwischen EM und Masters liegen ein paar Wochen, die ich nutzen kann, um in das andere Mindset zu kommen. Meine bisherigen Masters habe ich so erlebt, dass wir abseits der Partien ganz normal miteinander umgehen und auch gemeinsam essen gehen können oder sowas. Es ist jetzt nicht, als würde dort Feindschaft ausbrechen. 

Was macht über all dem Schach dein Psychologie-Studium? 

Im April habe ich den Master begonnen, ich studiere weiterhin in Würzburg. 

Was ist gerade wichtiger? 

Aktuell hat Schach und speziell die Nationalmannschaft den höheren Stellenwert. Ich kann in diesem Semester wenige Kurse absolvieren, weil ich so viel unterwegs bin. Aber das ist okay so. Die Zeit fürs Studium muss ich mir später nehmen, gegebenenfalls das Studium verlängern.  

Und danach? 

Das werden wir sehen. Ich weiß noch nicht genau, was ich mache. Ob ich vielleicht wie Josefine eine Zeitlang komplett auf Schach setze oder nicht, ist offen.  

Winfried Basener (Stiftung BSW – SG München) schickt uns eine Kontersieg gegen einen fast 300 Elo stärkeren Gegner. Davon agespornt, sollte Basener in der Runde danach sogar einen FM niederringen. | Foto: Sandra Schmidt

Ein doppeltes Figurenopfer spielt sich leichter, wenn das “geopferte” Material sogleich mit Mattzins wieder hereinkommt. Der ewig neuralgische Punkt f7 ist das Thema einer Partie mit hübschem Einschlag inklusive Mattfinale, die uns Andreas Schneider zugesandt hat.

Andreas Schneider. | Foto: Sandra Schmidt

Petro Golubka macht beim klassischen Schach weiter, wo er am Mittwoch beim Blitzturnier aufgehört hat. Der Ukrainer gewinnt eine Partie nach der anderen. Nach der siebten Runde und einem Schwarzsieg über Kaido Kualots ist Golubka mit 6,5 Punkten aus 7 Partien nun erstmals Tabellenführer. Elo-Performance des 34-Jährigen: 2698.

15.e5, erfindungsreich vorgetragen von Kaido Kualots. 15…Dxe5 16.Lf4 Dd4 17.Lxb5 ist die taktische Rechtfertigung. Zu Vorteil führt das allerdings kaum. In der Folge überspielte Golubka seinen fast 100 Elo stärkeren Widersacher nach und nach.

Fünf Verfolger mit 6 Punkten sitzen ihm im Nacken, darunter zwei, die auf GM-Norm-Kurs segeln: Roven Vogel vom Bundesligisten USV/TU Dresden sowie Niklas Schmider vom Deutschen Meister OSG Baden-Baden. Für IM Vogel weniger relevant, für FM Schmider umso mehr: Die IM-Norm haben beide zwei Runden vor Schluss schon geschafft.

26…Dg3, das sieht auf den ersten Blick bedrohlich aus für Weiß und gewinnt nach 27.Dg1 Dxd3 ja auch einen Bauern. Danach allerdings werden die beiden Probleme der schwarzen Stellung spürbar: Der im Zentrum klebende, offene König und der auf a8 klebende, unbeschäftigte Turm.

In der siebten Runde können sie dem jeweils anderen in die GM-Norm-Suppe spucken; sie treffen aufeinander. Wahrscheinlich muss sich in erster Linie Niklas Schmider auf einen harten Kampf einstellen. Roven Vogel, nomineller Favorit mit den weißen Steinen, wird wenige Wochen nach seinem Sieg beim GM-Turnier in Dresden und mit der zweiten GM-Norm binnen kurzer Zeit vor Augen nicht friedlich gestimmt sein.

Niklas Schmider hat die IM-Norm schon eingetütet. Es ist noch mehr drin als das. | Foto: Sandra Schmidt

Wie ambitioniert Vogel bei der OIBM zur Sache geht, bekam in der siebten Runde Geetha Narayanan Gopal zu spüren. Gegen den indischen Großmeister hatte sich der Sachse ein Damenendspiel mit 3 vs. 2 Bauern am Königsflügel erarbeitet – vorteilhaft, ja, aber theoretisch nicht und praktisch kaum zu gewinnen.

Das hielt Vogel nicht davon ab, es zu versuchen. Während um die beiden herum eine Partie nach der anderen endete, knetete Vogel 81 Züge lang, bis wirklich gar nichts mehr ging. Gopal gehört nach dieser Punkteteilung nun ebenfalls zum Quintett derjenigen, die dem Spitzenreiter auf den Fersen sind. In der achten Runde trifft er mit Schwarz auf den punktgleichen Jiri Stocek.

Fast alle anderen sind fertig, Vogel knetet noch. | Foto: Sebastian Siebrecht

Anders als für Vogel und Schmider ist für Ilja Schneider, ebenfalls 6 Punkte, bei der OIBM keine GM-Norm mehr drin (es wäre die dritte und der Titel). Ohnehin pflegt Schneider seine GM-Normen in der Bundesliga zu erzielen. Nach 2012/13 und 2015/16 bietet sich ihm diese Gelegenheit in der Serie 22/23 als Anführer des Aufsteigers HSK Lister Turm.

Keine GM-Norm für Ilja Schneider. Aber vielleicht der Turniersieg? | Foto: Sandra Schmidt

Am Tegernsee geht es für ihn um nicht weniger als den Turniersieg. In der siebten Runde mit Schwarz gegen den Wunderknaben Hussain Besou gewann Schneider, wie er hinterher anmerkte, “eine der besten Partien meines Lebens”. Mit Weiß gegen Golubka hat er in der achten Runde nun die Chance, den alleinigen Tabellenführer zu entthronen.

Mit 25…a5 setzt sich der potenzielle Partiegewinner in Bewegung. Auf g7 freut sich schon jemand, entscheidend helfen zu können.

Und die anderen Großmeister? Turnierfavorit Maxime Lagarde meldete sich mit einem Sieg zumindest in Sichtweite der Tabellenspitze zurück. Mit 5,5 Punkten wird er ganz oben wahrscheinlich nicht mehr eingreifen können.

19.Le3, das war ein Fehler. Jetzt kommt 19…d4!, dann hängt der Läufer und, oje, es droht …Dd5 mit Doppelangriff auf g2 und b5.

Lagardes Landsmann Christian Bauer tat sich schwer gegen Laura Unuk. Einen Mehrbauern hatte er sich zwar erkämpft, aber das raffinierte schwarze Gegenspiel hielt die Partie stets (mindestens) in der Waage. Bauer, nominelle Nummer 4 des Feldes, steht mit 5 Punkten auf Rang 22.

31…Lf3, unantastbar. Wenn Weiß ihn nimmt, kommt 32…Dg6+ und dann Turm hoch und aus.

Ebenfalls bei 5 Zählern steht der in Hongkong lebende und arbeitende Kolumbianer GM Andres Felipe Gallego Alcaraz. Viel Zählbares wird er vom Tegernsee voraussichtlich nicht mit heimbringen – aber manch wertvolle Ergänzung seiner Schachbibliothek:

Gallego kauft ein. | Foto: Sebastian Siebrecht

Die Glanzpartien, die Leserinnen und Leser dieses Turnierblogs einsenden, hatten bislang eines gemeinsam: Die Partie wurde stets von der Siegerin oder dem Sieger eingesandt. Jetzt ist eine Ausnahme passiert. Ein Verlierer war so entzückt von der erlittenen Klatsche, dass er die Gewinnerin für den Schönheitspreis vorschlug.

Steffi Arnhold. | Foto: Sandra Schmidt

Nachdem ihm in der Eröffnung ein Bauer abhandengekommen war, bekam Christian Muhl gegen OIBM-Stammgast Steffi Arnhold kein Bein mehr auf die Erde bzw. aufs Brett. In aller Konsequenz und in der Tat sehr schön zog Arnhold die Sache durch.

Für die Gewinnerin sollte es noch besser kommen. Dank dieses Sieges traf sie in der siebten Runde auf Großmeister Matthias Womacka – und erbeutete einen GM-Skalp!

…Tb3 und aus. Die Partie endete mit Dxd6 Txh3 matt!