Aktuelle Infos und Beiträge zur OIBM
Rekordverdächtig stark sei die Frauenkonkurrenz in diesem Jahr, stand hier gestern. 24 Stunden später materialisierte sich ein Beleg für diese Einschätzung an den ersten beiden Brettern, die zu 50 Prozent weiblich besetzt waren. Liya Kurmangaliyeva und Jana Schneider schickten sich an, den GM Brandon Jacobson und Szymon Gumularz auf den Zahn zu fühlen.

Das hatte sich Turniermitfavorit Brandon Jacobson wahrscheinlich anders vorgestellt. Andererseits ist das Szenario bei der OIBM nicht neu: Zur zweiten Runde taucht am ersten Brett Liya Kurmangaliyeva auf und haut einen GM aus der 2600-Klasse weg. | Foto: Sandra Schmidt
Die Kasachin sorgte bei ihrer neuerlichen Teilnahme dafür, dass sich Geschichte wiederholt. Auch vor zwei Jahren tauchte sie in der zweiten Runde am ersten Brett auf. Mit Schwarz besiegte sie die nominelle Nummer eins des Turniers, Großmeister Maxime Lagarde, Elo 2626. Und das in einer ausgekämpften Partie, in der sie diejenige war, die sich großmeisterlich Vorteil erarbeitet und diesen verwertet. Seinerzeit erspielte sie sich bei der OIBM eine WGM- und IM-Norm.

Luis Engels feine Kombination aus der ersten Runde (siehe Bericht gestern) bescherte ihm den Schönheitspreis, überreicht von Turnierdirektor Sebastian Siebrecht (links). Rechts: Chefschiedsrichter Ralph Alt. | Foto: Sandra Schmidt
Die OIBM 2024 hat sie ausgelassen. Zwei Jahre später, als Teil einer großen kasachischen Delegation, saß sie zur zweiten Runde wieder am ersten Brett, und wieder saß ihr jemand aus der 2600-Abteilung des Schachs gegenüber, besagter GM Jacobson. Und wieder ergab sich eine ausgekämpfte Partie, in der sich die Kasachin ein wenig Druck erarbeitet hatte. Zu früh und überambitioniert suchte Jacobson Gegenspiel mit einem Bauernvorstoß, der sich als Bumerang entpuppte. Im Ergebnis ergab sich ein nicht triviales, aber gewonnenes Endspiel für die 20-Jährige: Mehrfigur gegen zwei Freibauern. Diesen technischen Part erledigte Kurmangaliyeva, ohne zu wackeln.
Jana Schneider war am zweiten Brett ein solches Erfolgserlebnis nicht vergönnt. Im Mittelspiel nahm sie zu couragiert einen geopferten Bauern, den Gumularz gerne gegeben hatte, um Linien gegen Schneiders Monarchen zu öffnen. Bald zeigte sich, dass die Kompensation stärker war als das Material.

Das Großmeistertrio aus dem Obergeschoss: (von links) Amin Tabatabaei, Christian Bauer, Leonardo Costa. | Foto: Sandra Schmidt
Wo Kurmangaliyeva und Schneider schon waren bzw. sind, wollen drei Turnierfavoriten erst noch ankommen. Nebeneinander im Obergeschoss in der Tenne („Loserkabuff“ im Turnierslang) saßen fast 8000 Elopunkte: Die erst zur zweiten Runde eingestiegenen Amin Tabatabaei und Christian Bauer sowie Leonardo Costa nach seinem Erstrundenremis bildeten das Großmeistertrio, das nominell ins Untergeschoss gehört. Tabatabaei und Costa erledigten den Job zügig, Bauer musste um die fünf Stunden kämpfen. Am Montag werden alle drei nicht Treppen erklimmen müssen, um ihr Brett zu erreichen.

OIBM-Stammgast Dieter Morawietz mit einem Kreuzfesselungsmotiv, nach dem auf weißer Seite das Licht ausgeht. 31.g3 verhindert zwar die unmittelbare Exekution, aber nach 31…Tf8 ist die weiße Stellung nicht mehr zu verteidigen.
Ein Drama der zweiten Runde schrieb IM Jules Armas, in der Szene bekannt nicht nur als Schachmeister. Der 70-Jährige hat den Schachcampingplatz La Rochade in Naujac betrieben. Am Tegernsee schachurlaubt Armas jetzt gemeinsam mit seiner aus Bremerhaven stammenden Gattin Rike Wohlers-Armas. Und er hätte beinahe den zweiten Favoritensturz der Runde verantwortet. Aber seine über weite Strecken stark vorgetragene Schwarzpartie gegen GM Paulius Pultinevicius mündete in ein Zeitnotgehacke, in dem der Franzose den Faden verlor.

Jules Armas (r,) mit Gattin Rieke Wohlers-Armas (2.v.r), seinem langjährigen Teamkollegen Sebastian Siebrecht und Eva Maria Zickelbein vom Hamburger SK. | Foto: privat
Alle Ergebnisse und Paarungen der dritten Runde
Zum ersten Mal nimmt Dominik Horvath an den Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaften teil – und war selbst überrascht, dass es noch geklappt hat. Der 22-jährige Großmeister aus Österreich, frischgebackener Staatsmeister und Jurastudent in Wien, hat sich kurzfristig entschieden, an den Tegernsee zu reisen. „Ich wusste bis zuletzt nicht, ob ich eine Prüfung habe“, erzählt er. Jetzt genießt er die Atmosphäre am See, das starke Feld und die besondere Stimmung des Turniers. Zwischen Vorlesungen und Partien sucht Horvath die Balance – und findet am Tegernsee, was ihm am meisten bedeutet: Zeit für Schach aus purer Leidenschaft.
Das Gespräch haben wir vor der ersten Runde geführt:
Dominik, zum ersten Mal OIBM. Willkommen am Tegernsee! Was führt dich her?
Ja, genau, meine erste Teilnahme, ganz kurzfristig. Ich studiere Rechtswissenschaften in Österreich und wusste deshalb bis zuletzt nicht, ob ich während des Turniers eine Prüfung habe. Deshalb konnte ich mich nicht schon im Sommer anmelden. Umso dankbarer bin ich den Organisatoren – insbesondere Sebastian Siebrecht, mit dem ich ständig in Kontakt war –, dass es geklappt hat. Ich freue mich extrem, hier zu sein. Dass das Turnier wunderschön ist und stark besetzt, wusste ich ja. Als es dann möglich wurde teilzunehmen, dachte ich mir: Warum nicht?
Du solltest zum Favoritenkreis gehören, aber, du sagtest es selbst, das Turnier ist stark besetzt. Was erwartest du?
Ein Platz unter den Top 3 wäre ein super Ergebnis. Gerade erst bei der Team-EM in Batumi hatte ich ein sehr schlechtes Turnier, 17 Elo verloren, etwas abgerutscht. Hier will ich jetzt mein Bestes geben. Ich freue mich sehr auf den Wettbewerb.
Was war in Batumi los?
Ich war einfach nicht in Form. Es hat nichts funktioniert. Dafür lief der Sommer umso besser – ich bin zum ersten Mal österreichischer Staatsmeister geworden.
Glückwunsch! Auch das ein erste Mal?!
Im Prinzip schon. Im Schnellschach war ich schon Staatsmeister, im Standard noch nicht. 2025 hat einfach alles gepasst – Vorbereitung, Form, Motivation.
Du studierst Rechtswissenschaften. Ein zweites Standbein neben dem Schach?
Ja, ich will mir alle Türen offenhalten. Ich bin noch jung, und Jura interessiert mich sehr – vor allem der Beruf des Rechtsanwalts. Ich könnte mir gut vorstellen, eines Tages als Anwalt zu arbeiten. Im Moment führe ich deshalb eine Art Doppelleben: Studium und Schach. Oft ist das schwierig, weil ich Prüfungen habe und nie genau weiß, ob ich ein Turnier spielen kann. Aber im Moment funktioniert es ganz gut.
Wie sieht dein weiteres Jahr aus – beendest du die Schachsaison hier am Tegernsee?
Nach den OIBM kommen vor allem noch die Ligen – die deutsche Bundesliga für MSA Zugzwang und die österreichische für Fürstenfeld. Auf die Rapid- und Blitz-WM am Jahresende werde ich verzichten. Mit ist wichtiger, Zeit mit Freunden und Familie zu verbringen.
Als Bundesligaspieler für einen Münchner Club hat du am Tegernsee quasi ein Heimspiel.
Mein erster Verein in der deutschen Bundesliga war der Münchener Schachclub 1836. Dort habe ich zwei Saisons gespielt, dann bin ich zum MSA Zugzwang gewechselt, wo ich sehr glücklich bin. In meiner ersten Saison sind wir abgestiegen, im vergangenen Jahr wieder aufgestiegen, und jetzt spielen wir wieder erstklassig. Im Team und organisatorisch läuft in München alles super – auch dank unseres Sponsors Roman Krulich.
Für dich ist die Bundesliga wahrscheinlich ein prima Training. Du bist Brett drei gemeldet, wo du regelmäßig sehr starke Gegner bekommst.
Die Bundesliga ist unglaublich stark. Wir als Aufsteiger versuchen einfach mitzuhalten, und ich profitiere auch persönlich von Partien gegen sehr gute Gegner, in denen ich Erfahrung sammeln kann. Aber eigentlich ist mir egal, gegen wen es geht. Ich spiele gerne gegen alle möglichen Gegner – jung, alt, stark, nicht so stark. Vor allem liebe ich es, Schach zu spielen.
Von Yvonne Malinowsky
Da war er wieder, der erste Tag.
Der berühmte, der überhöhte, der schillernde Anreisetag. Er, der in der Theorie den Auftakt zu einer Woche der Erholung markiert, in der Praxis aber oft der einzige freie bleibt. Ein Tag voller Möglichkeiten: Sightseeing, Kultur, kulinarische Spezialitäten, Freizeit, Sport, kurz, die komplette Romantik des Nicht-Alltäglichen in einem einzigen Zeitfenster verdichtet.
Die Köpfe sind noch frei, der Geist empfänglich für Genuss. Die Realität mit ihren Partien, Paarungen, Ergebnissen liegt irgendwo in weiter Ferne, hinter dem Horizont der ersten Brotzeit. Aus Erfahrung weiß ich: Was man am ersten Tag nicht schafft, ist verloren. Unwiderruflich. Der Anreisetag ist der Prolog, der nie wiederholt wird.
Also plane ich ihn inzwischen mit der Präzision eines Schachzugs. Der Wecker klingelt, wenn andere gerade ins Bett gehen. Wir starten nachts, um früh am Ziel zu sein, halb Wahnsinn, halb Lebenskunst. Denn es gilt, die einzige wirklich unbeschwerte Zeit der Woche nicht zu verschlafen.
Ich möchte, dass meine Kinder später nicht sagen: „Ja, wir haben die halbe Welt gesehen“ und damit Hotelzimmer und Spielsäle meinen. Nein, sie sollen sich erinnern: an Land und Leute, an Sprache, Geschichte, Kultur, Traditionen und den feinen Unterschied zwischen Seepromenade und Spiellokal. Jeder Ort hat sein eigenes Funkeln. Man muss es nur rechtzeitig einfangen, bevor es sich im Takt des Turniers verflüchtigt.
Darum beginnen wir, wenn möglich, mit einer Stadtrundfahrt oder -begehung: geballte Information auf engstem Raum, ein Crashkurs im Kulturerlebnis. Der Ort, verdichtet und zusammengeschoben wie in einer kleinen Souvenir-Schneekugel, die man schüttelt, um das Erlebte wieder aufzurufen. So entsteht ein handliches Erinnerungsformat, praktisch und poetisch zugleich.
Unsere Schneekugel vom Tegernsee ist bereits gefüllt, durch unsere Teilnahme im letzten Jahr, ein Meisterwerk an komprimierter Idylle: Einmal im Kreis um den See, 21 Kilometer, joggend oder flanierend, das bleibt jedem selbst überlassen. Wir passieren die Promenade von Bad Wiessee, ziehen weiter Richtung Rottach und Tegernsee „City“, immer den Walberg im Blick, bis nach Gmund. Und da, eine Doppelseilbahn auf einem Kinderspielplatz. Natürlich testen wir sie. Natürlich wird daraus ein Wettrennen. Natürlich endet es remis. Das erste Unentschieden der Woche, errungen in luftiger Höhe, zwischen Lachen und leichter Selbstironie.
Über allem: ein Morgenhimmel, feuerrot, als wolle er selbst schon für die bevorstehenden Partien brennen. Im Vordergrund: eine Brotzeit am Ufer, am Strand, auf den Steinen, dort, wo der „Sand“ ehrlicher, gröber, bayerischer ist. Und am Abend, ein Paulaner, in der Sorte Spezi selbstverständlich, in einem dieser Wirtshäuser, in denen Holz, Wärme und die Illusion von Zeitlosigkeit ein stilles Bündnis eingehen.
Nie wieder in dieser Woche wird das Essen so gut schmecken wie an diesem ersten Abend, da der Kopf noch unbeschwert ist, die Gedanken noch nicht in Ergebnistabellen verheddert. Der erste Tag hat eine Leichtigkeit, die kein Sieg ersetzen kann.
Das also ist unsere Schneekugel vom Tegernsee. Ich nenne sie Urlaub.zip, eine komprimierte Datei aus Spaß, Sonne, See und Seilbahn.
Ich schüttele sie und werde dann diese Woche Stück für Stück mit den Erlebnissen füttern, so wie es Großmeister Sebastian Siebrecht zur Begrüßung in etwas anderer Wortwahl aber sinngemäß empfahl: „Lebt die Woche und die Umgebung, dann lebt auch jede Partie.“
Leben, das ich versuchen werde in den nächsten Tagen hier aufzunehmen, einzufangen und darüber zu berichten. Ich freue mich darauf.
„Yesss!“ Mit diesem Ausruf und der dazugehörigen Geste meldete sich Andreas Kerpe von der SG Ludwigsburg nach der Partie bei Turnierdirektor Sebastian Siebrecht. Nach 81 Zügen hatte sich der Landesligaspieler einen IM-Skalp gesichert – mit etwas Hilfe seines Gegenspielers. IM Al Muthaiah aus Indien hatte angesichts einer Elo-Differenz von fast 400 Punkten ein ausgeglichenes Läuferendspiel nicht remis geben wollen. Sein Gewinnversuch hatte einen Haken: Er führte geradewegs in ein verlorenes Bauernendspiel.
Allein angesichts der Fülle der Titelträger, die sich zur 28. Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft versammelt haben, war rein statistisch wahrscheinlich, dass der eine oder andere Favorit straucheln wird, nachdem Kreuths Erster Bürgermeister Josef Bierschneider den Wettbewerb eröffnet hat. Aber tatsächlich blieb Kerpes Sieg an Brett 26 die einzige GM- oder IM-Niederlage an diesem Auftaktsamstag.

23.Sxh7! war nur der Auftakt. Luis Engel hatte berechnet, dass nach 23…Kxh7 24.Lxg6+! Kh8 (sonst wird es matt) 25.Lxe8 Lxe8 26.Lxc3 Dxc3 die Pointe 27.h7 eine Figur gewinnt. Der angegriffene Springer auf g8 hat keine Felder mehr, nur deswegen funktioniert die Kombi.
Was nicht bedeutet, dass die 24 Großmeister im Feld am Sonntag mit weißer Weste zur Partie kommen. Die beiden Österreicher Dominik Horvath und Valentin Dragnev ließen halbe Punkte, Leonardo Costa bei einem neuerlichen Heimspiel nahe seiner Heimat München auch. Speziell Horvath und Costa mussten sich strecken, um nicht mit leeren Händen dazustehen, und Dragnev blieb am Ende einer wilden Partie keine Alternative dazu, sich in ein Dauerschach zu retten.
541 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 32 Nationen, das sind die Basisdaten der 28. Auflage des schönsten Opens in Deutschland. An der Spitze des Feldes hat sich personell kurzfristig das eine oder andere verschoben. US-Großmeister Brandon Jacobson ist kurz vor Anpfiff ins Feld gerutscht, außerdem sein großmeisterlicher Landsmann Kirk Ghazarian.
Der 19-Jährige wollte eigentlich am World Cup in Indien teilnehmen. Deswegen war er nach dem unlängst beendeten Europacup der Vereine nach Dubai geflogen, um sich in Sachen Zeitzone schon einmal Indien anzunähern. „Aber dann hat er festgestellt, dass sein Visum ungültig ist“, berichtet Siebrecht. Ghazarian disponierte kurzfristig um: OIBM statt World Cup. Und er saß am Samstag rechtzeitig in Bayern am Brett – ebenso wie der aus Südeuropa angereiste Teilnehmer (sein Name sei verschwiegen), der an einem Tegernsee-Parkplatz mit seinem Auto im Schlamm steckenblieb.
Zwei prominente Teilnehmer werden erst zur zweiten Runde erwartet. Die Großmeister Christian Bauer (Frankreich) und Amin Tabatabaei (Iran) haben gerade erst das Schachfestival Capechecs in Cap d’Agde beendet. Sie durften mit einem „Bye“ und einem kampflosen halben Punkt ins Turnier starten. Ein anderer Prominenter beobachtet nur. Fotograf Stev Bonhage hat kurzfristig sein Wohnmobil an den Tegernsee gesteuert. Das eine oder andere seiner Werke wird im Turnierverlauf hier zu sehen sein.

23…T7xc2 war ein Fehler. Auf c2 rauszunehmen, ist nicht die Antwort, sondern 24.Sd2!. Der Springer wird mit Tempo eine Reise über d2 via e4 nach g5 antreten, und Schwarz steht wehrlos da.
Einmal mehr stark, wahrscheinlich rekordverdächtig stark, ist 2025 die Frauenkonkurrenz besetzt. Unter anderem WGM Zsoka Gaal (Ungarn), WGM Alua Nurman (Kasachstan), IM Rout Padmini und nicht zuletzt Nationalspielerin und Lokalmatadorin Jana Schneider haben nominell die besten Karten.
Stark besetzt sein wird auch das traditionelle Blitzturnier am Mittwoch. Wer bis dahin noch an seinen schachlichen Fähigkeiten feilen möchte, bekommt am Dienstag dazu eine Gelegenheit: Um 20.30 Uhr beginnt im Zelt im Innenhof eine großmeisterliche Masterclass mit Christian Bauer und Sebastian Siebrecht.
Von Yvonne Malinowsky
Herbst am Tegernsee. Das Laub schimmert in allen Schattierungen von Gold, die Sonne tut so, als hätte der Sommer nur kurz Pause gemacht und selbst die Käfer, die sich längst unter das Laub für den Winter verkrochen hatten, recken wieder ihre Fühler.
Schwarze Punkte auf rotem Kleid, willkommen bei Käfer auf Gut Kaltenbrunn in Gmund!
Vom 1. bis 9. November 2025 ist hier der Name „Käfer“ Programm, und das betrifft nicht nur Kulinarisches: Punkte soll es geben bei der Offenen Internationalen Bayerischen Schachmeisterschaft, kurz OIBM, und schachliche Feinkost auch.
„Wohnen und Schachspielen“ am Tegernsee; das klingt fast zu schön, um real zu sein. Eine Kulisse wie aus dem Bilderbuch, als hätte jemand am Morgen einfach eine riesige Leinwand mit Alpenmotiv ausgerollt. Die Inspiration für Körper, Geist und Seele lässt die Vorfreude reifen für die erste Schachpartie am Samstag.
Die Eröffnung der Schachmeisterschaft? Ganz bayerisch, mit zünftiger Blasmusik, freundlichen Gesichtern und einer Reihe herzlicher Begrüßungsworte. Allen voran Turnierdirektor GM Sebastian Siebrecht, der alle Anwesenden willkommen heißt und mit seiner lebendigen Art sofort das Gefühl vermittelt, man befinde sich zugleich auf einem Schachturnier und im Urlaub.
In den letzten Jahren hatte ich das Vergnügen, einige dieser „Schachurlaube“ mitzuerleben, meist als Begleitung meines Sohnes Levi. Vom klassischen Open bis zur Jugendweltmeisterschaft, vom Ligakampf bis zum Blitzturnier im Einkaufszentrum war alles dabei. Wundervolle Orte, die mein Sohn, der in unserer Familie die meisten Partien bestreitet, allerdings meist nur aus einer ganz bestimmten Perspektive kennt: dem Turniersaal. Oder, um ehrlich zu sein, manchmal leider auch eher dem, was man großzügig so nennt: Keller, Hallen, stickige Räume; darin Tische oft dicht an dicht gedrängt auf wenigen Quadratmetern.
„Brett“ – ein dehnbarer Begriff
Levi hat sich hochgearbeitet, sowohl auf der Rangliste als auch in der „Etagenordnung“. Vom Untergeschoss, in das es tatsächlich einmal hineingeregnet hat und die Pfütze so liegen blieb (kein Witz!), bis hin zu Livebrettern oben im Spiegelsaal. Manchmal sind die hinteren Bretter in Räumen untergebracht, die so weit ab vom Tageslicht liegen, dass man glauben könnte, Schach gehöre versteckt. Und „Brett“ ist dabei ein dehnbarer Begriff, oft sind es zwei zusammengeschobene Kunststoffhälften mit Plastikfiguren, deren Türme keine Zinnen mehr haben und deren Könige längst „entkrohnt“ sind.
Und was hat das jetzt alles mit der OIBM am Tegernsee zu tun?
GAR NICHTS !
Und genau darin liegt das Schöne, das ich hiermit betonen möchte. All das gibt es hier nicht. Stattdessen:
Zwei wunderschöne Spielsäle, unten der ehemalige Rinderstall, jetzt edel hergerichtet mit den Livebrettern und den „anonymen“ Brettern der oberen Tabellenhälfte. Und oben (ja genau, oben, nicht unten, wie so oft) führt ein endloser roter Teppich durch die zauberhafte alte Scheune, genannt „Tenne“, extra nur für die zweite Teilnehmerhälfte hergerichtet. Beide Säle sind hell, warm, gemütlich. Große Tische, perfekte Beleuchtung, Platz zum Atmen. Und das Beste: Selbst das allerletzte Brett ist aus Holz mit echten Holzfiguren. Dieser Anblick beeindruckt und wird dem königlichen Spiel sowie diesem malerischen Spielort mehr als gerecht.
Dazu genug Platz, um neben dem Brett einer dieser stylischen „Käfer“-Tassen, unseres Gastgebers, mit frisch gebrühtem Kaffee abzustellen und uns daran zu erinnern, weshalb wir hier sind…


















