Aktuelle Infos und Beiträge zur OIBM

Nicht auszuschließen, dass an den analogen Brettern ein Kampf noch schneller vorbei war. An den elektronischen war jedenfalls diese die erste beendete Partie der OIBM 2023:

Als regionaler Schiedsrichter weiß Gerd Densing natürlich, dass wir während der laufenden Partie nicht unseren Gegner ansprechen. “Dennoch habe ich mir kopfschüttelnd nach Zug eins einen kurzen Kommentar erlaubt, auf den mein Gegner schlagfertig antwortete”, berichtet Densing. “Im weiteren Verlauf hätte Weiß fast eine Figur eingestellt und kommentierte auch entsprechend. Der Unterschied zwischen Onlineschach und OTB-Schach ist, dass man manchmal Figuren, die versteckt hinter andere Figuren stehen – je nach Winkel – nicht sieht. Insgesamt eine kuriose lustige Situation. Die Partie endete letztendlich mit einem schnellen Remis.”

Gerd Densing. | Foto: Sandra Schmidt

Es ist angerichtet, jetzt kann es losgehen. 557 Schachfreundinnen und Schachfreunde haben sich zur 26. Auflage der Offenen Internationalen Bayerischen Schachmeisterschaft (OIBM) angemeldet, die am Samstag beginnt. Über neun Runden bis zum 5. November wetteifern sie im Gut Kaltenbrunn um den Turniersieg und einen Rekordpreisfonds von 16.300 Euro.

Die OIBM hat sich seit ihrer ersten Ausgabe 1997 in Bad Wiessee, seinerzeit initiiert von Artur Jussupow und Horst Leckner, zu einem der größten und renommiertesten Schachturniere Europas und einem Highlight des internationalen Turnierkalenders entwickelt. Allein die malerische Lage am Tegernsee macht den Wettbewerb einmalig. Eine ganze Reihe von Stammgästen verbindet am Tegernsee ihr Hobby mit Urlaub in der Natur. Viele nutzen die Gelegenheit, mit dem Fahrrad oder zu Fuß die umliegenden Berge zu erkunden.

Längst ist die Internationalität des Felds ein Markenzeichen, das den guten Ruf der OIBM weit über Bayerns Grenzen hinaus unterstreicht. Auch 2023 freuen sich Organisationschef Peter Rie von der Tegernseer Tal Tourismus und Turnierdirektor Sebastian Siebrecht wieder über Spielerinnen und Spieler aus 30 Nationen an den Brettern, darunter 14 Großmeister.

Willkommen im Gut Kaltenbrunn! | Foto: Thorsten Jochim

Der Schach-Weltverband FIDE hat die OIBM in diesem Jahr erstmals in den Kreis der Spitzenturniere aufgenommen, die sie fördert. Dank der Mittel von der FIDE ist der Preisfonds abermals gewachsen. Neben den Hauptpreisen sind zahlreiche Sonderpreise zu gewinnen, etwa für die beste Frau, den besten Senior, den besten Jugendlichen.

Nicht nur der Preisfonds, auch das Rahmenprogramm ist noch reichhaltiger als in den Vorjahren. Zum traditionellen Blitzturnier (Mittwoch, 1. November, ab 20 Uhr) und dem Schachshop (im Innenhof des Rinderstalls) kommt eine exklusive Schachlounge in der nur 80 Meter entfernten K1411-Bar. Gäste genießen dort von Samstag bis Samstag nach den Partien erfrischende Getränke und den Panoramablick.

Die Setzliste führen anno 2023 zwei Franzosen an, die Großmeister Maxime Lagarde (Elo 2626) und Christian Bauer (2590). Ob diese beiden, ein anderer Großmeister oder einer der zahlreichen jungen Titelträger auf Normjagd den Wettbewerb gewinnt, ist offen. Ein knapper Kampf steht bevor. Sicher ist nur, dass es einen neuen Sieger geben wird. Der Triumphator 2022, Großmeister Jan-Christian Schröder, wird seinen Titel nicht verteidigen.

Vorjahressieger Jan-Christian Schröder wird seinen Titel nicht verteidigen. | Foto: Sandra Schmidt

Markenzeichen des Feldes ist stets die hohe Zahl junger, hungriger Schachmeisterinnen und -meister. Das ist 2023 nicht anders. Großmeisterin und Nationalspielerin Jana Schneider etwa nutzt die OIBM als letzten Härtetest für die Mannschaftseuropameisterschaft, die am 10. November in Montenegro beginnt.

Mit Leonardo Costa und Hussain Besou sind zwei der Ausnahmetalente des deutschen Schachs im Gut Kaltenbrunn am Start. Costa, Jahrgang 2008, sorgte 2022 in Magdeburg für eine Sensation, als er 14-jährig Deutscher Meister wurde, der mit Abstand jüngste Deutsche Meister jemals. Besou schrieb in diesem Jahr Schlagzeilen als „elfjähriger Nationalspieler“. Der Deutsche Schachbund hatte ihn nominiert, beim Mitropa-Cup in der deutschen Auswahl zu spielen.

Während der 9 Turniertage ist wieder einiges geboten. So wird der Analysebereich dieses Jahr direkt vor den Turniersaal verlagert. Die kurzen Wege ermöglichen es so u.a. Turnierdirektor Sebastian Siebrecht, dem ein oder anderen Teilnehmer direkt über die Schulter zu schauen.

Der Mitte der Woche verleihen wir „Höchstgeschwindigkeit“: das Blitzschach ist für Mittwoch, 01.11. um 20:00 Uhr geplant (Anmeldung: Mo, 30.10. von 16:00 – 21:00 Uhr bei der Partienrückgabe).
Für diejenigen, die nach einer aufregenden Partie einen entspannten „Absacker“ genießen und mit Schachkollegen in gemütlicher Runde zusammenkommen möchten: dieses Jahr bieten wir erstmals eine exklusive SCHACHLOUNGE in der nur 80 m entfernten K1411-Bar mit Panorama-Blick und erfrischenden Getränken an! Öffnungszeiten (unter Vorbehalt) Samstag-Samstag, ca. 17:00-20:00 Uhr (Selbstzahler).

Den Schachshop finden Sie dieses Jahr im Mini-Innenhof des Rinderstalls (Turniersaal EG), der durch Herrn Jehle (Chessware) betreut wird.

Foto: Thorsten Jochim

Chancen gab es durchaus, dass nach neun Runden am Ende der 25. OIBM ein Spieler mit 7,5 Punkten über allen anderen steht. Es hätte ja nur einer von den “6,5ern” gewinnen müssen. Anton Korobov etwa versuchte es über 74 Züge und fast sechs Stunden, bevor er sich in die Punkteteilung fügte. Am Nebentisch sah Daniele Vocaturo Chancen auf den großen Coup. Fast 60 Züge lang versuchte der Italiener, den vollen Punkt aus einem Turmendspiel gegen Vahap Sanal zu quetschen, bevor die Kontrahenten die Friedenspfeife rauchten.

Auch in der Partie zwischen Jan-Christian Schröder und Liviu Dieter Nisipeanu hätte sich die Waagschale in die eine oder andere Richtung neigen können, bis Nisipeanu auch angesichts seiner knappen Zeit in Form eines Remisangebots den Spatz in der Hand nahm. Und so zeichnete sich nach und nach ein rekordverdächtiges totes Rennen ab. Die Spieler aus der 9-köpfigen Gruppe derer mit 6,5/8 remisierten untereinander, sodass die 19 Spieler mit 6/8 die Chance hatten, mit einem Partiegewinn noch aufzuschließen.

Gruppenbild mit Turniersieger: Jan-Christian Schröder (Mitte, blaues Hemd) mit (von links) TTT-Geschäftsführer Christian Kausch, Veranstaltungsleiter Peter Rie, stellvertretende Landrätin Ulrike Küster, Vahap Sanal (Platz drei), Eltaj Safarli (Platz zwei) und Turnierdirektor Sebastian Siebrecht. | Foto: Sandra Schmidt

14 Spieler mit sieben Punkten aus neun Partien stehen jetzt ganz vorne, eindeutig angeführt vom Besten unter den Gleichen, Jan-Christian Schröder, der seine sieben Punkte gegen einen Schnitt von 2462 Elo erspielt hat, höher als der Gegnerschnitt aller anderen.

Interview mit Turniersieger Jan-Christian Schröder

Unter den 14: Shreyas Royal (13), der mit einen Schlussrundensieg seine erste GM-Norm geschafft hat, ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk – auch für Tykhon Cherniaiev. Weil Royal unter den regulären Preisträgern steht, gewann Cherniaiev mit 6,5 Punkten den U14-Preis. Beste Dame: Josefine Heinemann mit 6 Punkten, nach Wertung vor der punktgleichen Denise Trippold.

Nach Dxh7+ war die GM-Norm unter Dach und Fach.

Nach der Verleihung aller Preise zeigte sich Turnierdirektor Sebastian Siebrecht zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung, Und er freut sich schon auf die 26. Auflage im kommenden Jahr, bei der mit möglichst mehr als 600 Teilnehmern und Teilnehmerinnen möglichst ein Rekord aufgestellt werden soll.