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Charlize van Zyl hat Schach zweimal entdeckt. Erst in ganz jungen Jahren, als sie mit 13 jüngste südafrikanische WIM jemals wurde. Dann die Schachpause – und der Neuanfang. Als südafrikanische Nationalspielerin kommt die 23-Jährige an den Tegernsee, und sie bestätigt mit bislang 4,5 Punkten aus 7 Partien ihre Einschätzung, dass sie besser ist als die 1772 Elo, die in der Startrangliste hinter ihrem Namen stehen.

“Ich habe Momentum”: Charlize van Zyl. | Foto: Sandra Schmidt

Charlize, aus Südafrika an den Tegernsee. Wie kam das?

Ich habe gerade eine Reihe guter Ergebnisse gehabt, unter anderem bin ich Zweite bei der Afrikanischen Meisterschaft geworden. Es läuft bei mir, und jetzt soll das Momentum weiterlaufen. Auch um gute Gegner zu bekommen, habe ich mich nach Turnieren in Europa umgeschaut. Als ich auf Facebook fragte, was denn wohl ein gutes Turnier sei, meldete sich Sebastian Siebrecht. Jetzt bin ich hier.

Wie gefällt es dir?

So gut, ich kann manchmal gar nicht glauben, dass ich hier bin. Die Landschaft – wunderschön, wie gemalt. Das Essen – fantastisch. Und die Deutschen sind viel freundlicher, als ihnen nachgesagt wird. Auch die Turnierbedingungen und die Organisation – toll. Mein Lieblingsturnier! Ich bin froh, hier zu sein.

Charlize van Zyl für Südafrika am Brett bei der Schacholympiade 2022 in Chennai. | Foto: David Llada/FIDE

Sportlich läuft es auch.

Ich bin besser, als es meine Elozahl sagt, davon war ich schon überzeugt, bevor das Turnier begann. Ehrlich gesagt, ist mir meine niedrige Zahl sogar ein bisschen unangenehm, sie fühlt sich falsch an. Während der Pandemiemonate habe ich hart an meinem Schach gearbeitet. Jetzt kann ich die Ergebnisse meines Trainings endlich aufs Brett bringen.

Du bist nicht nur Zweite bei der Afrikanischen Meisterschaft geworden, du hast auch für Südafrika bei der Schacholympiade gespielt. Wie ist es gelaufen?

Ja, meine zweite Schacholympiade schon, diesmal am zweiten und ersten Brett für Südafrika. Für mich war es sportlich okay, für die Mannschaft, naja. Wir hatten uns mehr erhofft als Platz 100 unter 160 Mannschaften.

Welche Bedeutung hat das Schachspiel und der Sport in deiner Heimat?

Schach ist eher klein, aber existent und lebendig. Und die Tendenz ist gut. Den Aufschwung, in dem sich Schach fast überall befindet, sehen wir auch in Südafrika. Auch sportlich ist einiges in Bewegung. Wir haben eine ganze Reihe von Talenten, die gerade nach oben kommen.

Wie bist du zum Schach gekommen?

Ich bin in einer Schachfamilie aufgewachsen. Mein Vater hat es mir beigebracht, als ich sieben war. Als Achtjährige habe ich angefangen, Turniere zu spielen. Mit 13 hatte ich meinen bis jetzt größten Erfolg: das afrikanische Zonenturnier gewonnen und den WIM-Titel noch dazu – als jüngste Südafrikanerin jemals. Danach ist es allerdings eingeschlafen. Als Teenager habe ich Schach für einige Jahre aus den Augen verloren.

Das hat sich offenbar geändert.

Allerdings, meine Beziehung zum Schach ist inniger als je zuvor, es ist ein großer Teil meines Lebens, den ich nicht missen möchte. Als Spielerin arbeite ich an meinem Schach, und ich will besser werden. Außerdem habe ich Schach zum Beruf gemacht. Bei Forward Chess bin für das Marketing zu ständig.

Hier am Tegernsee sind wir auf der Zielgeraden, wie geht es weiter für dich?

Paris wollte ich immer schon besuchen. Jetzt bin ich so nahe dran, ich werde dort nach dem Turnier einige Tage urlauben. Und ich möchte weitere Turniere in Europa spielen, so lange das Momentum in meinem Sinne arbeitet. Aber was mein nächstes Turnier wird, weiß ich noch nicht. Kannst du mir eines empfehlen?

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Wer Charlize van Zyl ein Turnier empfehlen möchte, sie freut sich über Hinweise:
charlizievz@gmail.com

Im Frühling blühen die Jacaranda-Bäume: Charlize van Zyl in ihrer südafrikanischen Heimat. | Foto: privat

Eines der bekanntesten Schachfotos überhaupt, aufgenommen auf der Isle of Man, zeigt den vierfachen ukrainischen Meister Anton Korobov, der am Freitag am Tegernsee den Ausreißer Shreyas Royal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat. | Foto: Maria Emelianova/chess.com

Nun hat es Shreyas Royal erwischt. Es bedurfte der schwerstmöglichen Aufgabe, die es bei den 25. OIBM gibt, Schwarz gegen Anton Korobov, die nominelle Nummer eins des Turniers. Gegen den ukrainischen Nationalspieler (Elo-Bestwert 2723) zog der 13-Jährige aus Greenwich ausgangs einer italienischen Eröffnung schon im frühen Mittelspiel den Kürzeren und vermochte die Partie nicht mehr zu retten.

In der Tabelle hat jetzt nominell erstmals alles seine Ordnung. Die Meute hat den Ausreißer eingefangen, fünf Großmeister liegen mit 6/7 vorne. Nur ein Punkt trennt Etaj Safarli auf Platz 1 und Cem Galioglu auf Platz 55. Die 15-köpfige Gruppe der Spieler mit 5,5 Punkten führt dank seiner Wertung der Ex-Ausreißer Shreyas Royal an, der weiter auf GM-Norm-Kurs segelt, aber jetzt sein Polster eingebüßt hat.

Schon im Interview nach seinem Sechstrundenremis hatte Shreyas Royal angedeutet, dass er zwar mit dem Turniersieg liebäugelt, aber diesen kaum einplanen kann. Eine GM-Norm allerdings, seine erste, die würde er schon gerne erzielen. Mit einer Performance von derzeit 2649 sind seine Aussichten in dieser Hinsicht weiterhin intakt.

Gäbe es am Tegernsee einen Preis für Präzision, Etaj Safarli hätte ihn nach der siebten Runde für seine uhrwerkhafte Performance gegen den sich wacker wehrenden Ilja Schneider gewonnen. Safarli führt jetzt dank bester Wertung das Turnier an. | Foto: Sandra Schmidt

Punktgleich hinter Shreyas Royal: Mitfavoriten, mit denen noch zu rechnen ist, der ehemalige Europameister Anton Demchenko etwa, der deutsche Nationalspieler Liviu Dieter Nisipeanu oder die italienische Nummer eins Daniele Vocaturo, allesamt bei 5,5 Zählern – und unter Druck. Wer von den Spielern mit 5,5 noch das Turnier gewinnen will, wird in der achten Runde seine Partie gewinnen müssen. Insofern: Morgen wird eine Runde der Vorentscheidungen ausgetragen.

Daniele Vocaturo musste im Lauf des Turniers manch bangen Moment überstehen, den etwa, als Julius Ohler hier auf g3 einen Turm opferte, aber nun liegt die Nummer eins Italiens zwei Runden vor Schluss mit einem halben Punkt Rückstand auf das Führungsquintett gut im Rennen.

Zwei Preisverleihungen gab es schon vor der siebten Runde. Für seinen Sieg mit dem Morra-Gambit, den Thomas Lochte für diese Seite kommentiert hat, bekam er den täglichen Schönheitspreis, überreicht von Turnierdirektor Sebastian Siebrecht.

Thomas Lochte, Ritter des Morra-Gambits. | Foto: Sandra Schmidt

Zum täglichen Preis kam eine nicht alltägliche Ehrung. Vier Spieler haben, kein Scherz, an allen 25 Auflagen der Offenen Internationalen Bayerischen Schachmeisterschaft teilgenommen: Jens Weichelt, Ulrich Bäuml, Rudolf Schön, Michael Walda. Veranstaltungsleiter Peter Rie und Sebastian Siebrecht ehrten die vier Schachfreunde für ihre langjährige Treue zum Traditionsturnier am Tegernsee.

Peter Rie (links) und Sebastian Siebrecht (rechts) ehren (von links) Jens Weichelt, Ulrich Bäuml, Rudolf Schön, Michael Walda für 25 Teilnahmen am Tegernsee. | Foto: Sandra Schmidt

Die Spitzenpaarungen der achten Runde:

Alle Paarungen der achten Runde

Movesesian vs. Kasparov, Sarajevo 2000. Wer erinnert sich nicht?

Luisa Bashylina. | Foto: Sandra Schmidt

Fangfrage, wir könnten auch viel einfacher beschreiben, worum es hier geht: Sizilianisch, Turmopfer auf c3.

Für eine Spielerin wie Luisa Bashylina gehört so ein Motiv natürlich zum kleinen Einmaleins, zum elementaren Handwerkszeug. Und doch: Wenn sich der Moment ergibt, den Turm günstig auf c3 reinzuprügeln, dann ist das ein Vergnügen, sei es für Garri Kasparov, sei es für Luisa Bashylina. Letztere hat sich so über ihren schönen (schönheitspreisverdächtigen?) Sieg in der sechsten Runde gefreut, dass sie ihn eingesandt hat:

Nochmal Tolusch-Geller? Nadeesh Lindam war sich nicht sicher, ob er sich darauf einlassen sollte.

Nadeesh Lindam. | Foto: Sandra Schmidt

Er hatte ja gerade erst an dieser Stelle eine kommentierte Partie mit eben dieser Eröffnung (und mit einem wunderbaren Turmopfer) präsentiert. Armin Maier hätte das gesehen haben und präpariert sein können. Letztlich ließ sich Lindam erneut drauf ein, und schon im fünften Zug war klar, dass er keine Vorbereitung befürchten musste.

Mit drei Reimanns ist der SK Kriegshaber (Augsburg) im Turniersaal vertreten: Robert, Matthias, Sebastian.

Matthias Reimann. | Foto: Sandra Schmidt

Die untenstehende Notation ist das Ergebnis einer Koproduktion: Matthias hat gespielt, Robert eingesandt. Ein glatter, konsequent vorgetragener Sieg über einen mehr als 200 Elo stärkeren Gegner.